Veranstaltung: | 59. Landesversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen am 23.11.2024 in Chemnitz |
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Tagesordnungspunkt: | 4. Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschlossen am: | 24.01.2025 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Neue Sicherheit in unsicheren Zeiten – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen fordern Vernunft, Pragmatismus und Rechtsstaatlichkeit in der Migrationspolitik auf allen Ebenen.
Beschlusstext
Migrationspolitik wird seit Jahren zum Austragungsort gesellschaftlicher
Grundkonflikte erklärt. Durch den ständigen Fokus auf Probleme und Krisen
erleben migrantische Personen zunehmend Einschränkungen ihrer Grundrechte und
sind verstärkt Rassismus ausgesetzt.
Unsere Gesellschaft durchlebt einen tiefgreifenden Wandel, in dem vermeintlich
bewährte, aber langfristig unhaltbare Sicherheiten wegbrechen und die daraus
entstehenden Folgekosten immer deutlicher werden. In dieser Unsicherheit
erscheint eine Isolationspolitik manchen als Lösung. Doch diese gefährdet nicht
nur die Zukunft Deutschlands und Europas, sondern ignoriert auch zentrale
Herausforderungen wie den demografischen Wandel. Ohne Zuwanderung droht eine
dramatische Verschärfung des Arbeitskräftemangels. Abschottung führt zudem zu
einer Verschärfung sozialer Konflikte um knappe Ressourcen und fördert
rassistische Strukturen.
Die offenen Grenzen in Europa sind eine zentrale Errungenschaft, die erhalten
bleiben muss. In diesem Rahmen ist eine aktive und gestaltende Migrationspolitik
notwendig, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Statt auf Abwehr
zu setzen, müssen wir Migration als Chance begreifen. Sie ist ein
unverzichtbarer Teil unserer globalen Realität und bietet die Möglichkeit, eine
gerechtere, nachhaltigere und lebenswertere Zukunft für alle zu schaffen.
Gesamtgesellschaftlich erleben wir einen tiefgreifenden Wandel, in dem bewährte
Sicherheiten verloren gehen und die Folgekosten zunehmend sichtbarer werden. In
diesem Kontext erscheint eine Isolationspolitik manchen als vermeintliche
Lösung, um Stabilität zu bewahren und Herausforderungen im Inneren besser
kontrollieren zu können.
Eine Politik der Abschottung bedeutet eine enorme Belastung aller Menschen in
Deutschland. Die Bewegung von Menschen und Gütern gehört zu den wesentlichen
Dynamiken unserer globalisierten Zeit. Aus ökonomischer Sicht würde ein Verzicht
auf Zuwanderung zu erheblichen Wachstumseinbußen und Versorgungsengpässen
führen. In sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht stehen wir vor einem
wachsenden Konkurrenzdruck, in dem ökonomisch schwächere Gruppen das Nachsehen
haben. Dies verstärkt rassistische Strukturen und führt zu einem Erstarken
völkischen Denkens, das als „Schutz“ vor globalen Entwicklungen gesehen wird.
Die freie Bewegung von Menschen, Gütern und Dienstleistungen über Ländergrenzen
hinweg sind eine Errungenschaft der europäischen Einigung – sie fördern den
Austausch von Kultur und Wissen. Für eine vernetzte Gesellschaft wie die unsere
ist eine Politik der Abschottung mit existenziellen Nachteilen verbunden.
Zugleich würde ein Verzicht auf Zuwanderung den bereits bestehenden
Fachkräftemangel verschärfen und das Kürzen von Angeboten bspw. im Bereich der
Gastronomie oder dem Gesundheitssektor bedeuten. Unternehmen, die dauerhaft kein
Personal finden, werden ihre hiesigen Standorte auf den Prüfstand stellen.
Zugleich entstehen durch Migration Konkurrenzsituationen: am Wohnungsmarkt, im
Bereich der Bildung oder generell beim Einsatz knapper öffentlicher Mittel.
Diesem Konkurrenzdruck wiederum sind vor allem ökonomisch schwächere Gruppen
ausgesetzt, was rassistische Einstellungen oder auch das Erstarken völkischen
Denkens, welches als „Schutz“ vor globalen Entwicklungen gesehen wird, fördert.
Unsere Aufgabe ist es, die Stärke Europas zu bewahren: eine Gesellschaft, die
auf Gleichberechtigung, Respekt und eine konstruktive Fehlerkultur setzt. Unser
Ziel ist eine lebenswerte, gerechte, sichere Gesellschaft. Wir befürworten darum
regelmäßig überprüfte, wissenschaftlich gestützte Maßnahmen gegen Terror.
Sicherheit heißt aber auch, dass auch Migrant*innen Vertrauen in staatliche
Organe haben können, menschliche Perspektiven zu geben und eine angemessene,
nicht überhöhte mediale Darstellung von Straftaten. Bei schweren
Straftäter*innen oder Extremist*innen, unabhängig von ihrer Herkunft, müssen
rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft werden und sichergestellt werden, dass von
diesen Personen keine Gefahr mehr ausgeht. Sicherheit vor Terror ist dann stark,
wenn sie den demokratisch erbrachten Frieden schützt und unsere freiheitlichen
Werte bewahrt.
Wir stehen für den Schutz unserer freiheitlichen Demokratie und unseres
Rechtsstaates. Daher ist es für uns inakzeptabel, dass im Namen der
Terrorbekämpfung geltendes Recht missachtet und Grund- und Menschenrechte
verletzt oder bedroht werden.
Die BÜNDNISGRÜNE Verantwortung muss sich in einer umfassenden Antwort auf
demokratie- und menschenfeindliche Bestrebungen zeigen und nicht im Mitmachen
bei der politischen Umsetzung einer in den Populismus abgeglittenen Debatte. Als
Einwanderungsland muss Deutschland die Herausforderungen und Potenziale der
Migrationspolitik anerkennen und die Gleichberechtigung der migrantischen
Bevölkerung als grundlegende Aufgabe begreifen und besonnen angehen.
Dafür setzen wir als BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Sachsen auf drei zentrale
Handlungsebenen:
Wandel in der sächsischen Migrationspolitik: Wir streben eine
landesspezifische, integrations- und inklusionsorientierte
Migrationspolitik an, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert und
Ressourcen für eine gelingende inklusive Integration bereitstellt.
funktionierende und menschenrechtskonforme Migrations- und Asylpolitik der
Europäischen Union: Wir setzen auf ein gemeinsames Vorgehen in der
Europäischen Union, das Menschenrechte wahrt, Herausforderungen gemeinsam
meistert, Sicherheit schafft und Menschen schützt.
Schutz einer verantwortungsvollen Asylpolitik auf Bundesebene: Wir setzen
uns dafür ein, dass die Asylpolitik menschenrechtsbasiert und pragmatisch
gestaltet wird. Es gilt, verantwortungsvolle Maßnahmen klar von
unverhältnismäßigen oder grundrechtsgefährdenden Ansätzen zu
unterscheiden.
1. Wir fordern Maßnahmen für einen Wandel in der sächsischen Migrationspolitik
Sachsen braucht Zuwanderung und gelingende Integration. Die Herausforderungen,
vor denen Kommunen bei der Bearbeitung der Integrationsaufgaben stehen, werden
auf keinen Fall bewältigt, wenn politisch lediglich an der Begrenzung von
Zuwanderung gearbeitet wird.
Die künftige sächsische Regierung muss in der Migrationspolitik auf Integration
und Zusammenhalt statt auf Abschottung und Abschreckung setzen. Es braucht
Maßnahmen zur schnellen und gelingenden Integration, um Kommunen zu entlasten
und zu stärken.
Wir sprechen uns mit Nachdruck für folgende Maßnahmen aus:
die Verbesserung der Arbeit der Ausländerbehörden durch Abbau von
Bürokratie, personelle Stärkung sowie die Verbesserung der Qualität der
Bearbeitung durch Maßnahmen wie Förderung der Mehrsprachigkeit in
Behörden, Schulungen des Personals sowie Anwendungshinweise zur Nutzung
von Ermessensspielräumen für Integration;
die Unterstützung von Kommunen bei der Erfüllung von Integrationsaufgaben
sowie bei der Entwicklung langfristiger und stabiler Integrationspläne
durch Expertise und Gelder – Kommunen müssen gut vorbereitet sein, auch
bei schwankenden Zahlen von Asylbewerber*innen;
die Verbesserung der Bedingungen für schulische Bildung von Kindern und
Jugendlichen mit Migrationsbiografie und Sprachförderbedarf sowie die
Sicherung von Sprachkursangeboten von Anfang an für alle erwachsenen
Neuzugewanderten;
die Priorisierung von dezentralem Wohnen und die Stärkung der Kommunen und
des Ehrenamts bei Integrationsmaßnahmen für Menschen, die dezentral
untergebracht sind, sowie Maßnahmen gegen Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt;
Maßnahmen zur erfolgreichen Arbeitsmarktintegration für Geflüchtete, wie
Unterstützung von Menschen, die bereits in Sachsen leben, als Priorität
vor aufwendigen Anwerbungsprogrammen, vereinfachte
Berufsqualifizierungsfeststellung, personelle Stärkung der Stellen zur
Durchführung der Berufsanerkennungsverfahren sowie Unterstützung von
Unternehmen, insbesondere KMU, bei der Einstellung und Integration
Neuzugewanderter;
die Förderung der aktiven Teilhabe von Migrant*innen an
Integrationsprozessen durch gezielte Unterstützung von
Migrantenorganisationen und -netzwerken, die als Brückenbauer agieren.
Dies umfasst finanzielle Mittel, strukturelle Förderung und Anerkennung
von Migrantenorganisationen als wichtige Akteure bei der Gestaltung und
Durchführung von Integrationsmaßnahmen.
Die künftige sächsische Regierung muss zudem Maßnahmen ergreifen, um
Menschenrechte zu schützen und sicherzustellen, dass Migrant*innen sicher und
diskriminierungsfrei in Sachsen leben können. In einer Gesellschaft, in der
Rechtsextremismus und Rassismus immer mehr Raum greifen, ist die staatliche
Pflicht zur Sicherung der Menschenrechte für alle besonders dringlich.
Wir fordern folgende Maßnahmen zum Schutz von Geflüchteten und anderen
Migrant*innen:
die Entwicklung und Umsetzung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes,
das Benachteiligungen gesetzlich verbietet und Einzelne vor
Diskriminierung schützt sowie das gesellschaftliche Klima der Vielfalt
fördert – Sachsen muss zeigen, dass hier alle Menschen gut leben können
und menschenfeindliches Verhalten keinen Raum hat;
die Einrichtung eines überregionalen Beschwerdeverfahrens bei
Rassismuserfahrungen und Diskriminierungen in Behörden und anderen
Institutionen im Asylverfahren;
die Unterstützung von Kommunen bei der Bereitstellung von Schutzräumen und
Beratungsangeboten für Angehörige vulnerabler Gruppen, wie Frauen und
queere Geflüchtete;
den Aufbau und die Unterstützung communitybasierter Antidiskriminierungs-
und Antirassismusarbeit und Stärkung der Selbstorganisationen;
die Einrichtung externer Clearingverfahren für besonders vulnerable
Geflüchtete an allen Sächsischen Aufnahmeeinrichtungen;
die Stärkung der Rechte von Menschen, die sich bereits im Prozess der
Abschiebung befinden: Verbot von Nachtabschiebungen, Verbot von
Familientrennungen, pädagogische/psychologische Begleitung von Kindern
während der Abschiebung;
die Stärkung der Härtefallkommission (HFK) - der Sächsische Innenminister
muss künftig bei Entscheidungen gegen Beschlüsse der HFK Rücksprache mit
der Kommission halten und seine Entscheidung darlegen.
2. Wir setzen uns für eine funktionierende und menschenrechtskonforme
Migrations- und Asylpolitik der Europäischen Union ein
Die Migrations- und Asylpolitik der EU muss sowohl pragmatisch als auch
menschenrechtsorientiert sein. Unser gemeinsames Ziel als Europäer*innen muss es
sein, Migration fair, sicher und effektiv zu steuern und dabei unsere
humanitären Werte zu wahren.
Wir machen uns stark für folgende stabile Grundpfeiler in der europäischen Asyl-
und Migrationspolitik:
Beratung und Wissenschaft als Grundlage: Ein Expertengremium soll
fundierte Lösungsansätze für die Migrationspolitik entwickeln. Diese
Empfehlungen werden von den Mitgliedern des Europäischen Parlaments
diskutiert und ermöglichen sachliche, faktenbasierte Entscheidungen.
Kommunale Unterstützung und faire Verteilung: Die Kommunen brauchen
gezielte Entlastung und Unterstützung, um die Integration bewältigen zu
können. Ein fairer Verteilungsmechanismus innerhalb der EU stellt sicher,
dass alle Mitgliedstaaten ihrer Verantwortung gerecht werden.
Sichere Migrationswege und Bekämpfung von Fluchtursachen: Die EU muss
menschenwürdige Partnerschaften mit Drittstaaten aufbauen, um gefährliche
Fluchtrouten zu vermeiden und Perspektiven vor Ort zu schaffen. Stabilere
Herkunftsregionen verringern den Migrationsdruck.
Rechtsstaatlichkeit an den Außengrenzen und Freizügigkeit im Binnenmarkt:
Ein geordnetes Asylsystem mit Unterstützung der Grenzstaaten stärkt die
Rechtsstaatlichkeit und wahrt die Freizügigkeit im Binnenmarkt, ohne auf
innereuropäische Grenzkontrollen angewiesen zu sein.
Verbindliche Aufnahmezusagen: Deutschland kann eine Vorreiterrolle
einnehmen, indem es erhöhte Aufnahmezusagen mit einer konsequenten
Registrierung an den Außengrenzen verbindet und so die Verantwortung fair
verteilt.
Stärkung der internationalen Zusammenarbeit zur Bekämpfung
grenzüberschreitender Kriminalität: Die EU soll gezielt Maßnahmen zur
Bekämpfung internationaler Kriminalität wie Menschenhandel, Schmuggel und
organisierte Schleusernetzwerke ergreifen. Dazu gehört eine enge
Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern, der Aufbau gemeinsamer
Ermittlungs- und Informationszentren sowie die Unterstützung beim Aufbau
rechtsstaatlicher Strukturen vor Ort.
3. Wir fordern den Schutz einer verantwortungsvollen Asylpolitik auf Bundesebene
Die gesellschaftliche Debatte rund um das Thema Asyl wird bundesweit mit großer
Vehemenz geführt. Nicht selten gleitet sie in populistische Parolen und
rassistische Stimmungsmache ab. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen kritisieren diese
Debattenentwicklung entschieden. Wir erkennen an, dass Herausforderungen bei der
Umsetzung von Integrationsaufgaben vor Ort und Angst vor islamistischem Terror
den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Wir sprechen uns entschieden
dagegen aus, dass als Konsequenz aus der aktuellen Verunsicherung
bundespolitisch im Bereich Asylpolitik mit dem Abbau von Grundrechten von
Asylsuchenden und der Aushöhlung des Asylrechts geantwortet wird. Mit Sorge
beobachten wir im Schnellverfahren durchgesetzte Asylrechtsverschärfungen auf
Bundesebene.
Als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen kritisieren wir mit Nachdruck die im
sogenannten Sicherheitspaket beschlossenen Asylrechtsverschärfungen,
insbesondere den Leistungsausschluss für Schutzsuchende, bei denen die Ausreise
in einen nach Dublin-Verfahren zuständigen Drittstaat rechtlich und faktisch als
möglich eingeschätzt wird.
Der vollständige Entzug von Sozialleistungen setzt Menschen auf die Straße, die
in der Regel an ihrer Ausreise gar nicht selbst mitwirken können, da die
Überstellung staatlich organisiert wird. Der Entzug existenzsichernder
Leistungen umfasst auch das Entziehen medizinischer Unterstützung, was
lebensgefährlich werden kann. Die geplante Maßnahme ist ein Dammbruch in der
Entrechtung und Gefährdung von Geflüchteten. Dass unter dem Druck des
Bundeskanzlers, des Innenministeriums und unter grüner Regierungsbeteiligung
derartige Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, ist für uns nicht hinnehmbar.
Durch die asylrechtlichen Maßnahmen im sogenannten Sicherheitspaket wird
Deutschland nicht sicherer, sondern unsicherer. Denn es steht zu befürchten,
dass der Leistungsentzug Menschen in existenziell bedrohliche Notlagen versetzt.
Zudem kann die Deklarierung derartiger Maßnahmen als Sicherheitsmaßnahme
rechtspopulistische Narrative, die migrantische Personen unter Generalverdacht
stellen, stützen und somit Rassismus verstärken. Wir lehnen eine Politik, die
Menschen entrechtet und rassistische Narrative stärkt, entschieden ab.
Wir stärken unserer Bundestagsfraktion hiermit den Rücken, damit sie zukünftig
auf den Schutz von Menschenrechten beharrt. Wir sind Antrieb und Rückendeckung
für alle, die Asylpolitik vorantreiben, die pragmatisch ist, die den Schutz von
Menschenrechten zentral stellt und dies als Stabilisierung unserer Gesellschaft
begreift.
Pragmatische, menschenrechtsbasierte und stabilisierende Asylpolitik muss
Realitäten anerkennen. Das bedeutet zum einen, dass besonnen und mit guten
Lösungen auf wissenschaftliche Erkenntnisse und eine sachliche Darlegung der
Probleme in den Kommunen reagiert werden muss. Es muss zudem wieder anerkannt
werden, dass das Asylrecht sowie der Schutz von Grund- und Menschenrechten
geltende Rechte sind und ihre konsequente Umsetzung einen Schutz und eine Stärke
unseres Rechtsstaates darstellen.
Als BÜNDNISGRÜNE in Sachsen fordern wir deshalb von der Bundesregierung:
die Wahrung des individuellen Rechts auf Asyl: Insbesondere die geplante
Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten birgt die Gefahr, dass
individuelle Asylanträge beeinträchtigt werden und Flüchtlingsrechte
missachtet werden. Das individuelle Recht auf Asyl muss gewahrt werden und
darf weder in der Praxis noch per Beschluss eingeschränkt werden. Auch
Zurückweisungen an deutschen Grenzen sind ein klarer Rechtsbruch und
müssen verhindert werden;
die Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention: Die Genfer
Flüchtlingskonvention trat 1954 als Lehre aus dem unsolidarischen
Verhalten vieler Staaten gegenüber jüdischen Flüchtlingen während des
Nationalsozialismus in Kraft. Es darf nicht passieren, dass ausgerechnet
Deutschland mit seiner besonderen internationalen Verantwortung gegen die
Genfer Flüchtlingskonvention verstößt. Wir erwarten, dass die Genfer
Flüchtlingskonvention verbindlich eingehalten wird und jegliche geplanten
Änderungen im Asylrecht daraufhin geprüft werden, ob sie sich im Rahmen
der Flüchtlingskonvention bewegen;
den Stopp von Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan sowie in andere
Länder, in denen Bürgerkrieg oder diktatorische, menschenverachtende
Machthaber herrschen: Wir lehnen die Zusammenarbeit mit Terroristen und
Diktatoren, auch wenn sie zur Rückführungsorganisation von
Straftäter*innen erfolgt, entschieden ab und fordern das
Bundesinnenministerium, das sächsische Ministerium für Inneres und die
sächsische Landesdirektion auf, die Genfer Flüchtlingskonvention und die
Europäische Menschenrechtskonvention einzuhalten und Abschiebungen, bei
denen Menschen Gefahr für Leib und Leben droht, zu unterlassen;
die Abschaffung von Abschiebehaft: Es ist unverhältnismäßig, einem
Menschen das Grundrecht auf Freiheit zu entziehen, um den Verwaltungsakt
Abschiebung einfacher durchführen zu können;
das Verhindern von Diskriminierung und Behördenüberlastung durch eine
bundesweite Bezahlkarte mit restriktiver Bargeld- und
Überweisungsbegrenzung: Das Vorantreiben des Projekts „Bezahlkarte mit
Bargeldbegrenzung“ trotz fehlender Evidenz für Anlass oder Wirksamkeit der
Bargeldeinschränkung und trotz der Rückmeldungen aus den Kommunen, die
durch die Umsetzung der Bezahlkarte überfordert werden, ist sinnlose
Symbolpolitik auf dem Rücken der Betroffenen und der Behörden. Wir lehnen
diskriminierende Bezahlkartenmodelle entschieden ab;
den Aufbau von stabilen und flexiblen Strukturen zur Integration und
Unterstützung der Kommunen bei der Planung und Finanzierung von gelungenen
Integrationsaufgaben.
Integration ist eine kontinuierliche Gemeinschaftsaufgabe.
Es wird immer wieder Phasen geben, in denen mehr Menschen nach Deutschland
kommen, und Zeiten, in denen es weniger sind. Die Strukturen eines
Einwanderungslandes müssen auf diese Veränderungen vorbereitet sein. Die
Schaffung von ausreichend Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder
und dauerhaftem Wohnraum in den Kommunen ist dafür eine wesentliche Grundlage.
Ebenso wichtig sind Sprachkurse für alle sowie der gesicherte Zugang zu KiTa,
Schule und Ausbildung. Dieser muss durch ausreichend Mittel und Personal
gewährleistet werden. Hierbei wird in Ländern und Kommunen bundespolitische
Unterstützung benötigt.
Die Eröffnung von stabilen Bleibeperspektiven;
Mit Spurwechsel und Einwanderungsgesetz wurden bundespolitisch Schritte in die
richtige Richtung unternommen, um Integration zu ermöglichen und integrierten
Personen eine stabile Perspektive zu bieten, Wir schlagen darüber hinaus vor,
Arbeitsverbote vollständig abzuschaffen und rechtlich festzulegen, dass alle
Menschen, die in Deutschland eine Ausbildung machen, studieren oder arbeiten
dauerhaft bleiben dürfen.
Als sächsische BÜNDNISGRÜNE sprechen wir uns für Vernunft, Pragmatismus und
Rechtsstaatlichkeit in der Migrationspolitik auf allen Ebenen aus. Eine
funktionierende und menschenrechtsbasierte Migrationspolitik ist eine wichtige
Säule eines stabilen, solidarischen und damit sicheren Miteinanders aller
Menschen.